Herbstspaziergang "Verbrechen in Berlin" am 01. November 2009

Die Herbstwanderung des OV Berlin stand unter dem Motto „Verbrechen in Berlin“ - nicht nur Tatort-Fans folgten den Spuren der Berliner „Tatort“-Kommissare Till Ritter und Felix Stark Anfang November. Die Kälte des Tages war da schon ein Hinweis auf den kommenden Winter in Berlin – nur wahrhaben wollte es noch niemand.

 

Es ging auch erst einmal gemütlich warm und „kuschelig“ zu. Im ARD-Infocenter stimmten wir uns mittels eines Zusammenschnitts aus den 14 bisher in Berlin gedrehten Tatort-Filmen ein. So wussten auch bis dahin notorische Tatort-Muffel Drehorte und reale Schauplätze in der Hauptstadt einzuordnen.

Anschließend begann der Fußmarsch unter kompetenter Führung eines oft doch sehr kritischen Tatort-Kundigen. Die Erkundungstour stellte aber nicht nur Drehorte in verschiedenen Teilen von Mitte und Kreuzberg vor. Aktuelle soziale und gesellschaftlich-politische Ereignisse und Diskussionen – wie der illegale Aufenthalt von Migranten, Beutekunst oder das Drogenmilieu – bestimmten die Drehbücher der Krimiserie und wurden an bekannten und weniger markanten Orten im Stadtbild dargestellt: am Alexanderplatz, dem Internationalen Handelszentrum an der Friedrichstraße oder in Kreuzberger Wohnhäusern am Kottbusser Tor. Dabei blickten wir auch hinter die Kulissen auf die realen Schauplätze der Kriminalität in der Stadt.

 

Viele Ungereimtheiten der Serie wurden thematisiert: Ein Fensterputzer, der in der Nacht Fenster putzt? So sehr wird auch in Berlin nicht die Nacht zum Tage gemacht. Und jedes Hochhaus würde sofort gesperrt, wenn eine Außenfensterscheibe im 25. Stock zu Bruch geht, nur weil eine Person dagegen fällt. Wie sehr Klischees aber manchmal zutreffen, konnten wir dann in Kreuzberg erfahren. Tief eingedrungen ins dortige Milieu konnten wir uns öfters Sprüche der dortigen mehr oder weniger Einheimischen anhören. Vielleicht hatten wir aber gerade auch nur unfreiwillig das eine oder andere Geschäft in der anbrechenden Dunkelheit gestört. Schon leicht angefroren, war man dann doch doppelt froh, als man wieder im vertrauten Heim angekommen war.

"Mauerdurchbrüche – Unterirdische Fluchten von Berlin nach Berlin" am 28. Juni 2009

Die endgültige Überwindung der Berliner Mauer jährt sich in diesem Jahr zum 20igsten Mal. Unter Leitung des Vereines Berliner Unterwelten informierten wir uns Ende Juni über "Mauerdurchbrüche – Unterirdische Fluchten von Berlin nach Berlin".

 

Seit das SED-Regime im August 1961 die Berliner Mauer errichtete, gab es immer wieder Versuche, mittels in den märkischen Sand gegrabener Tunnel die tödlichen Sperranlagen zu überwinden und die Freiheit zu erlangen. Der erste Tunnel entstand im Dezember 1961, der letzte 1985. Auch die Berliner U-Bahn-Geisterbahnhöfe, ihre scheinbar perfekte Sicherung gegen so genannte Grenzverletzer und das Absperren der Kanalisation gegen unterirdische Fluchtversuche fanden bei dieser Führung ausgiebig Erwähnung. Nach dem schon alten philosophischen Problem „Wer bewacht die Wächter?“ kamen der linken Diktatur hier auch gleich ganze Wachkommandos abhanden.

 

Die Bernauer Straße, einem der Brennpunkte des Mauerbaus und auch einer der Schwerpunkte im Fluchttunnelbau, war genau der richtige Ort, um sich über verratene und gescheiterte Stollen als auch über die beiden erfolgreichsten und spektakulärsten Fluchttunnelprojekte berichten zu lassen. Gelungener, trauriger und propagandistischer Höhepunkt war der so genannte Tunnel 57. Im Oktober 1964 konnten über diesen Tunnel 57 Flüchtlinge nach West-Berlin gerettet werden. Bei einem Schusswechsel wurde der erst 21jährige Unteroffizier der DDR-Grenztruppen Egon Schultz von einem Fluchthelfer an der Schulter verletzt, danach von einer Maschinenpistolensalve seiner eigenen Kameraden durchlöchert.

Von der DDR-Führung wurde nach dem Tod von Schultz behauptet, dieser sei von „westlichen Agenten“ erschossen worden. Tatsächlich war ihr aber bereits zu dieser Zeit bekannt, dass Schultz bei dem Feuergefecht versehentlich durch seine eigenen Kameraden erschossen wurde. Öffentlich vertrat die Regierung der DDR aber stets ihre Version und stellte Schultz als Volkshelden dar. Dieses wurde durch Manipulation von Beweisen untermauert. So wurde unter anderem ein Foto der Jacke von Schulz so beschnitten, dass die Einschusslöcher der Maschinenpistolenkugeln nicht mehr zu sehen waren. Schulen, Strassen, Kombinate und Kasernen wurden nach Schultz benannt.

 

Erst 1997 wurde die Wahrheit aufgrund von Akten, die aus dem persönlichen Tresor des Stasi-Chefs Mielke stammten, bekannt. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt der Fluchthelfer, der den ersten Schuss abgegeben hatte und seitdem für den Mörder gehalten wurde, bereits verstorben.

Gruppenbild vor der Gedenktafel "Tunnel 57"
Gruppenbild vor der Gedenktafel "Tunnel 57"