Mitgliederversammlung am 20. November 2003

1.) Beschluß

Die Mitgliederversammlung hat beschlossen, den Jahresbeitrag 2004 stabil bei 20,00 Euro zu belassen.

 

2.) Entlastung

Der Vorstand wurde einstimmig entlastet. Der Kassenprüfer hat die Kasse geprüft, für in Ordnung befunden und dem Kassenwart seinen Dank für die sorgfältige und professionelle Kassenführung ausgesprochen.

 

3.) Diskussion

a.) Der Vorsitzende gab einen Überblick über den ATB-Tag Anfang November in Kiel. Besonders die Diskussion über die anstehende Satzungsänderung könnte die Ortsverbände berühren. Zur Zeit habe die Ortsverbände Stimmrecht auf den ATB-Tagen. Dieses Stimmrecht könnte im Zuge einer auch in der künftigen Satzung geforderten Parität zwischen Aktiven und AHAD unter Umständen entfallen. Eine Minderheit im Ortsverband sprach sich dafür aus, bereits jetzt zu signalisieren, daß der OV Berlin auf einem Stimmrecht nicht besteht. Denn die Mitglieder werden bereits über die Korporationsverbände repräsentiert. Zeitgleich bestände seitens des ATB natürlich auch kein Anspruch auf einen Beitrag mehr. Die Mehrheit der Mitglieder sprach sich aber dafür aus, die weitere Satzungsdiskussion abzuwarten.

 

b.) Für das kommende Jahr wurden mögliche Veranstaltungen besprochen. Die Herbstwanderung soll beibehalten werden. In der Reihe "Politisches Berlin" soll das Schloß Bellevue mit dem Präsidialamt in Angriff genommen werden. Außerdem ist eine Brauereibesichtigung, ein Vortrag sowie eine Museumsführung geplant. Die nächste Mitgliederversammlung soll ebenfalls im Rahmen einer Veranstaltung eingebettet werden.

Herbstwanderung zum Schloß Petzow am Schwielowsee am 12. Oktober 2003

Fällt die Wanderung ins Wasser? Angesichts des Dauerregens in den Tagen vor unserer Herbstwanderung am 12. Oktober standen die Wetten eher dafür. Aber der Sonntag machte seinem Namen alle Ehren - schon beim frühen Aufstehen wurde man mit strahlendem Sonnenschein begrüßt.

Inmitten der herrlich herbstlichen Havellandschaft ging es zum Schloß Petzow am Schwielowsee, unweit von Potsdam.

 

Der Schloßpark wurde von Peter Joseph Lenné geplant - die Sichtachsen als sein Markenzeichen gewährten schöne Ein- und Ausblicke und luden zum Verweilen ein. Kein Wunder, daß aus der Wanderung eher ein Spaziergang mit angeregten Gesprächen wurde. Nur der Vorsitzende des Ortsverbandes Dr. Jörg D. Krämer mußte ob seines Tempos ab und zu „zurückgepfiffen“ werden. Vermutlich lag es daran, daß er den Weg schon zuvor abgegangen war und wußte, was noch auf uns wartete: ein kleines, touristisch (noch) nicht überlaufenes schönes Restaurant in einer ehemaligen Schmiede. Hervorragend gestärkt, folgte nach Landschafts- und Gastronomiekultur die Baukultur: eine Schinkelkirche, die von allen Fachleuten als neuromanisch im italienischen Stil bezeichnet wird. Für Laien machte ein entsprechendes Schild darauf aufmerksam. Aber nicht nur der Stil war beeindruckend, sondern auch die Aussicht von der Spitze des Turms: die ganze Havellandschaft lag uns kilometerlang buchstäblich zu Füßen.

 

Immer noch nicht müde, nahmen wir das letzte Ziel in Angriff: das Ziegeleimuseum Glindow. Die Ausstellung beschreibt und illustriert nicht nur den technologischen Prozeß der Ziegelherstellung, sondern veranschaulicht mit vielen Dokumenten auch die Geschichte des Glindower Ziegeleigewerbes, von dem seit 1462 verbrieften Tonabbau bis zur modernen Wiederbelebung fast vergessener Technologien.

 

Das Besondere an diesem Museum ist jedoch, daß der Besucher die geschichtlich aufbereitete Ziegelfertigung auch noch in Aktion sehen kann, wovon wir uns selber anhand einer sachkundigen Führung überzeugten. Auf dem Gelände befinden sich zwei denkmalgeschützte Ringöfen aus dem Jahr 1868. Der eine wird seit 1991 wieder restauriert. Der andere, größere Ofen wurde 1967 rekonstruiert. Seitdem treibt man hier das Feuer wieder ununterbrochen im Kreis. Selbiger schloß sich dann hier auch für den OV Berlin. Das Sprichwort „Berlin ist aus dem Kahn erbaut worden“ hat seinen Ausgangspunkt bei den großenteils verschwundenen Ziegeleien um Berlin. Allein aus Glindow (wendisch: Lehmdorf) wurden um 1870 jährlich mehr als 16 Millionen Ziegel aus den 50 Ringöfen auf Lastkähnen nach Berlin geliefert. Die zum Weltkulturerbe erhobene Museumsinsel ist ein Ergebnis dieser Produktion.

Besuch des Kanzleramtes am 17. Juni 2003

Kaum waren die offiziellen Feierlichkeiten am 17. Juni 2003 zum 50. Jahrestag des Arbeiteraufstandes in der "DDR" im Parlamentsviertel vorbei, traf sich der Berliner Ortsverband, verstärkt durch den Vorsitzenden der ATV zu Berlin Hartmut Köhler vocatum Häberle, im neuen Kanzleramt. Der 90minütige Rundgang unter sachkundiger Führung und den aufmerksamen Augen zweier ständiger Aufpasser begann bei sonnigem ATBer-Wetter im Ehrenhof (Bild). Wenn nicht gerade ATBer, werden hier auch Staatsgäste empfangen.

 

Von dort ging es in den Informations- und Pressesaal, vorbei an den Ölgemälden der ehemaligen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Nur Helmut Kohl, der Bauherr des Kanzleramtes, hatte noch keine Lust, sich verewigen zu lassen. Das Internationale Konferenzzentrum - in der Mitte des Gebäudes und dadurch ohne Tageslicht - glänzte dafür im wahrsten Sinne des Wortes durch Lackierungen, die Porsche einmal für seine Flitzer entwickelt hatte. Im Bankettsaal - die "Schlemmerecke" für die Staatsgäste des Kanzlers - erwartete uns eine herrliche Aussicht über den Tiergarten zum Potsdamer Platz. Nur die empfindlichen champagnerfarbenen Stühle durfte man ausdrücklich nicht berühren, geschweige denn sich darauf setzen. Die derzeitige Kanzlergattin hatte auch bei der Auswahl der Bezüge keine glückliche Hand.

 

Den Kabinettssaal betrat man angesichts der in der letzten Jahren dort getroffenen Entscheidungen nur mit gemischten Gefühlen. An bessere Zeiten erinnerte aber die auf dem ovalen Tisch stehende goldene Uhr. Da auf jeder Seite des Kubus ein Ziffernblatt ist, sind es strenggenommen vier Uhren. Konrad Adenauer ließ sie schon zu Bonner Zeiten anfertigen, weil ihn das dauernde verstohlene Auf-die-Armbanduhr-Schauen seiner Minister nervte. Sie überdauerte die Zeit mit nur einer Änderung. Helmut Schmidt tickte sie zu laut, er ließ ein leiseres Uhrwerk einbauen.

 

Zum Abschluß des Rundganges und nach zahlreichen interessanten Skulpturen und Gemälden - das Kanzleramt ist auch ein Ausstellungsort für aktuelle Kunst - boten uns die Terrassen im zweiten und dritten Stock nach vorne eine Panoramasicht über den Reichstag und das Parlamentsviertel. Nach hinten lockt der Kanzlergarten, der auch die Spree mit einer Brücke einbezieht, zum Entspannen

Da für uns das nicht möglich war, wurde spontan beschlossen, noch einen nahen Biergarten aufzusuchen.

 

Der Stadtteil Moabit machte hier aufgrund zehnjähriger Bau- und Baggerarbeiten seinem Namen alle Ehren: Terre de moab - wüstes Land nannten die hugenottischen Siedler einst die Gegend. Jetzt steht hier auf einem früheren Zollgelände ein wunderschöner Biergarten versteckt in einem kleinen Kastanienwäldchen direkt an der Spree. Blickfang ist außer einer über 130 Jahren alten Rosskastanie auch die Hausmeisterwohnung des Kanzleramtes, die man im Hintergrund des Bilds noch erahnen kann. Egal, wer hier Hausherr ist: An den Hausmeister kommt er wohnungsmäßig nicht heran.

 

Noch zwei Stunden stärkten wir uns, lernten uns besser kennen, machten überraschende berufliche Gemeinsamkeiten und Bekannte aus und erzählten Anekdoten aus dem ATB. Natürlich wurde auch das Kanzleramt beurteilt. Fazit: Auch uns ging es nicht besser als der Politik. Wir waren uneins. Den einen gefiel die klare, eher eckige Gliederung der Außenfassade besser, den anderen die eher fließend ineinander übergehenden Strukturen der Innenarchitektur.

Besuch der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen am 29. März 2003

Lag es am wunderschönen frühlingshaften Wetter oder an der doch für die meisten zeitintensiven Anreise, der Ort hätte eine größere Beteiligung verdient gehabt. Die Teilnehmer haben aber am Schluß die teils einstündige Anreise nicht bereut. Dies lag sicherlich auch an den beiden Zeitzeugen, die in diesem Gefängnis für "Politische" einmal inhaftiert waren. Aus erster Hand informiert und geführt, kann man jedem einen Besuch nur ans Herz legen. Die zu oft für selbstverständlich angenommene Demokratie und die damit verbundene Achtung der Menschenwürde und Freiheit bekommt wieder ihren Stellenwert.

 

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen befindet sich an einem Ort, der wie kaum ein anderer in Deutschland mit der 44jährigen Geschichte politischer Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR verknüpft ist. Hier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst ein sowjetisches Internierungslager eingerichtet, danach das zentrale sowjetische Untersuchungsgefängnis für Ostdeutschland. Anfang der fünfziger Jahre übernahm die Geheimpolizei der SED das Gefängnis und nutzte es bis 1990 als zentrale Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).

 

Die Lebensbedingungen im Lager Hohenschönhausen waren sehr schlecht. Die Aufnahmekapazität von maximal 2.500 Personen wurde zeitweise erheblich überschritten. Im September 1945 waren hier über 4.200 Menschen interniert. Die hygienischen Verhältnisse waren katastrophal, die Verpflegung unzureichend. Da die Häftlinge über keine Decken ver­fügten, litten sie im Winter zudem unter der großen Kälte in den unbeheizten Fabrikräumen. Viele von ihnen erkrankten an Epidemien und Mangelkrankheiten. Belastend war auch die völlige Ungewißheit über das weitere Schicksal und der Zwang zur monatelangen Untätigkeit.

 

Nach offiziellen sowjetischen Angaben starben zwischen Juli 1945 und Oktober 1946 insgesamt 886 Menschen, Schät­zungen gehen von über 3.000 Toten aus. Ihre Leichen wurden in der Umgebung in Bombentrichtern, Karbidkalkgruben und auf Schuttabladeplätzen verscharrt. Erst in den neunziger Jahren wurden die sterblichen Überreste von mehr als 250 Menschen auf dem nahegelegenen Friedhof in der Gärtnerstraße nachbestattet. Heute erinnert dort ein Mahnmal an sie.

 

Formal entsprach die Einrichtung von Lagern zur Internierung von Kriegsverbrechern und Verdächtigen den in Jalta und Potsdam getroffenen Vereinbarungen der Alliierten. Interniert wurden jedoch nicht nur zahlreiche Nicht-Deutsche (vor allem Polen und Russen), sondern auch Frauen und Jugendliche. Der jüngste namentlich bekannte Internierte war 13 Jahre alt. Oft war eine Denunziation der Grund für die Inhaftierung, wie im Fall des berühmten Berliner Schauspielers Heinrich George, Vater von "Schimanski" Götz George. Die Internierten wurden oft jahrelang festgehalten oder von Sowjetischen Militärtribunalen verurteilt - ohne eine Möglichkeit, sich zu verteidigen. Immer häufiger diente das Besatzungsrecht zudem dazu, potentielle politische Gegner auszuschalten. So starb der sozialdemokratische Kommandant der Berliner Schutzpolizei, Karl Heinrich, im November 1945 im Lager, nachdem er wenige Monate zuvor im Dienstzimmer des kommunistischen Polizeipräsidenten verhaftet worden war. Die meisten, die in den neunziger Jahren einen Antrag auf Rehabilitierung stellten, sind von den russischen Behörden inzwischen für unschuldig erklärt worden.

 

Nach der Auflösung des "Speziallagers Nr. 3" im Oktober 1946 wurde das Fabrikgebäude zum zentralen sowjetischen Untersuchungsgefängnis umgebaut. Im Keller der ehemaligen Großküche wurden unterirdische, bunkerartige Zellen errichtet: das sogenannte "U-Boot". Die feuchtkalten Zellen waren lediglich mit einer Holzpritsche und einem Kübel ausgestattet. Eine Glühbirne war Tag und Nacht angeschaltet. Die Verhöre fanden vor allem in den Nachtstunden statt und waren oftmals von Drohungen, Beschimpfungen und körperlicher Gewalt begleitet. Ehemalige Häftlingen berichteten später, wie sie durch Schlafentzug, stundenlanges Stehen, tagelangen Arrest oder Aufenthalt in speziellen Wasserzellen zu Geständnissen erpresst wurden. Zu den Inhaftierten zählten neben NS-Verdächtigen vor allem mutmaßliche politisch-ideologische Widersacher: Vertreter der demokratischen Parteien SPD, LDPD und CDU, aber auch Kommunisten und sowjetische Offiziere, die politisch als nicht linientreu galten. Die meisten von ihnen wurden später von Sowjetischen Militärtribunalen zu langjähriger Zwangsarbeit verurteilt.

 

Nach der Gründung des Staatssicherheitsdienstes übernahm dieser im März 1951 das Kellergefängnis. Anfang der sechziger Jahre mußten Häftlinge auf dem Gelände einen Neubau mit über 200 Zellen und Vernehmerzimmern errichten, der fortan als zentrales Untersuchungsgefängnis des Staatssicherheitsdienstes diente. Nebenan entstanden ein Haftkrankenhaus und später noch ein Hochhaus für die Vernehmerabteilung des MfS. In dem riesigen Gefängniskomplex wurden vor allem Menschen festgehalten, die politisch verdächtig erschienen oder die DDR illegal verlassen wollten, darunter der SED-Dissident Rudolf Bahro und der Schriftsteller Jürgen Fuchs. Statt mit physischer Gewalt wurden die Häftlinge nunmehr vor allem mit psychologischen Methoden zermürbt. Über den Ort ihrer Haft wurden sie bewußt im Unklaren gelassen. Von der Außenwelt und den Mitgefangenen hermetisch abgeschnitten, wurden sie durch speziell ausgebildete Vernehmer so lange verhört, bis sie die gewünschten Aussagen machten. Erst nach der Auflösung des MfS verbesserten sich die Haftbedingungen grundlegend - bis zur endgültigen Schließung des Gefängnisses am 4. Oktober 1990.

 

Ironie der Geschichte: Der oberste Stasi-Chef Mielke saß in den letzten Wochen dieser Haftanstalt ebenfalls für kurze Zeit dort. Nachdem er sich beschwert hatte, "man hätte aus der Zelle ja gar keine Sicht nach draußen", wurde er nach Moabit verlegt.