Mitgliederversammlung am 25. November 2004
1.) Beschluß
Die Mitgliederversammlung hat beschlossen, den Jahresbeitrag 2005 stabil bei 20,00 Euro zu belassen.
2.) Entlastung
Der Vorstand wurde einstimmig entlastet, der Kassenwart unter Vorbehalt. Zwar lag ein ausführlicher Kassenbericht vor, der die gesunde Struktur und einen positiven Bestand der Kasse dokumentierte, eine Prüfung konnte aber noch nicht erfolgen.
3.) Diskussion
a.) Der Vorsitzende gab einen Überblick über den ATB-Tag Anfang November in Clausthal-Zellerfeld sowie über die Planungen zum DTB-Fest in Berlin vom 14.-20. Mai 2005.
Zur Zeit sieht es danach aus, daß die Ortsverbände aufgrund der künftigen geänderten Satzung kein Stimmrecht mehr auf ATB-Tagen erhalten. Auch wenn diese Änderung auf Verständnis im OV stößt,
wurde beschlossen, in diesem Fall keine OV-Zahlungen mehr an den ATB abzuführen.
Der Vorstand wurde damit beauftragt, für interessierte OV-Mitglieder Karten für den ATB-Kommers (Sonntag, 14. Mai) während des DTB-Fest zu besorgen. Hierzu wird noch rechtzeitig ein Rundschreiben ergehen.
b.) Für das kommende Jahr wurden mögliche Veranstaltungen besprochen. Die Herbstwanderung soll beibehalten werden, eventuell in Form einer Radwanderung. In der Reihe "Politisches Berlin" soll der Bundesrat in Angriff genommen werden. Kulturell ist eine Musikveranstaltung aif dem Pfingstberg bei Potsdam geplant. Der Flughafen Tempelhof sowie ein Sommerfest stehen ebenfalls auf der Agenda. Die nächste Mitgliederversammlung soll am Wochenende im Rahmen einer Veranstaltung stattfinden
Grenzgänger zwischen Politik und Sport, Eberhard Ginger im Gespräch am 25. November 2004
Im Einladungsschreiben zu dieser Veranstaltung war er angekündigt als Mitglied des Bundestages, Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee Deutschlands, als Weltmeister am Reck und zigfacher Europa- und Deutscher Meister im Kunstturnen und Fluchthelfer. Als er kam, war er am Sonntag zuvor zum Vizepräsidenten des Deutschen Turner-Bundes gewählt worden. Für unseren Ortsverband war seine Zusage natürlich eine große Ehre. Verstärkt durch Berliner ATVer wie den Vorsitzenden des ATV zu Berlin Hartmut Köhler und durch den Aktiven-Vorort harrten wir gespannt dem Vortrag.
Doch im Restaurant "KanzlerEck" im Bundestagsviertel mahnten uns von den Wänden die strengen Augen von Konrad Adenauer, Willi Brandt und Helmut Kohl, Geduld zu zeigen. Die Abstimmungen zur Haushaltswoche im Bundestag verzögerten sich und mit ihnen die Ankunft von Eberhard Gienger. Doch dann war es soweit und niemand sollte sein Kommen bereuen. Auf eine Stunde war das Gespräch vereinbart, zwei Stunden nahm sich der frischgebackene Vizepräsident des DTB Zeit. Am Ende der Veranstaltung mußte man sich ernsthaft die Anschaffung einer digitalen Videokamera überlegen. Denn nur über das Einstellen eines Filmes könnte den Lesern Wortwitz, turnerische Einlagen und zahlreiche Anekdoten näher gebracht werden. So können die folgenden Auszüge nur einen müden Abklatsch bieten.
Eberhard Gienger, mit 52 Jahren einer der Politik-Newcomer in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist Experte für Punktlandungen. 3.000 Absprünge mit dem Fallschirm weist seine Statistik auf. Der Mann aus Künzelsau in Baden-Württemberg mag das Spektakuläre. Er hat als "Turn-Fallschirmspringer" unter einem fliegenden Hubschrauber an einem fest montierten Reck in 2.000 Meter Höhe Riesenfelgen geturnt und mit elf Salti und dazu noch einer halben Schraube, um die Rotation zu stoppen, den freien Flug gewagt. Danach hat er den Fallschirm geöffnet. Sein Sprung vom Berliner Fernsehturm aus 210 Meter Höhe mutet da fast langweilig an. Seine Existenz verdankt er auch dem Sport. Auf die Frage an seinen Vater, wie er denn die Mutter kennen gelernt habe, kam die Antwort: "Beim Keulenweitwurf - nur eine warf weiter als ich, Deine Mutter." Auch seine Turnkarriere hatte eher ungewöhnliche Gründe. Bei seiner Einschulung wurden zahlreiche körperliche Auffälligkeiten festgestellt - vom Plattfuß bis zum "krummen Rücken" sei alles dabei gewesen. Dies habe geheißen - ab zu Sonderturnstunden.
Zwar nicht spektakulär, aber doch mit einer phantastischen Punktlandung zog Eberhard Gienger im Herbst 2002 in den Deutschen Bundestag ein. Er jagte Staatsminister Hans-Martin Bury im Wahlkreis Neckar-Zaber das Direktmandat ab. Der Quereinstieg gelang mit prominenter Schützenhilfe. Matthias Wissmann, Ex-Bundesminister, fragte Gienger 2001, ob er sich ein Mandat im Bundestag vorstellen könne. Giengers Zusage kam nach längerer Bedenkzeit und mehreren Gesprächen mit seiner Familie. "Ich habe mich immer schon für Politik interessiert und mich als Privatperson und Unternehmer auch über einige Gesetze geärgert. Wenn man eine Chance bekommt, aktiv an der Gestaltung der Rahmenbedingungen unseres Landes mitzuwirken, sollte man sie auch nutzen", begründet Gienger seine Entscheidung. Ein konkreter Auslöser seines Ärgers sei das damalige Gesetz der Regierung Schröder über die so genannte Scheinselbständigkeit gewesen. Dies mußte sie zwar mittlerweile fast gänzlich zurücknehmen, aber seine Erfahrungen zeigen dann doch die Bodenhaftung des Politikneulings, der erst 2001 in die CDU eintrat: "Idealistische Vorstellungen müssen den Realitäten weichen und ins Durchsetzbare übertragen werden."
In seinem Fachgebiet hat sich der Politiker Gienger die Förderung des Spitzensports zum Ziel gesetzt. "Defizite sehe ich vor allem im Übergang vom Jugend- in den Aktivensport, bei der beruflichen Absicherung, dem Erhalt, Aufbau und Ausbau eines Stützpunkt- und Nachwuchssystems sowie durch das Wegbrechen der finanziellen Unterstützung durch Kommunen und Länder." Da Gienger selbst ein überzeugter Ehrenamtler ist, überrascht es nicht weiter, daß er sich für die Stärkung des Ehrenamtes in den Vereinen stark macht. Für den Abgeordneten kann das Ehrenamt im Breitensport dann noch besser gefördert werden, wenn sich die Philosophie stärker durchsetzen würde, "weg von der Ich- und hin zur Wir-Gesellschaft".
Eigentlich dürfte ja einen Tausendsassa wie Eberhard Gienger, der auch international im Sport schon so viel erreichte, nichts so schnell aus der Fassung bringen. Doch bei seiner Jungfernrede im Deutschen Bundestag wurden ihm bei seinen letzten Schritten zum Rednerpult die Knie noch einmal weich: "Das Herzklopfen war vergleichbar mit dem Wettkampf bei den ersten Weltmeisterschaften." Inhaltlich ging es um Sport und das Thema Doping. Um den Kampf des Staates gegen das Doping zu intensivieren, sieht Gienger die Unterstützung der Nationalen Doping-Agentur (NADA) und der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) durch mehr finanzielle Mittel als eine Voraussetzung an. Auf die Frage, warum es überhaupt so schwierig ist, das Doping-Problem im Spitzensport in den Griff zu bekommen, hält er fest: "Die Kontrolle hinkt der Forschung immer hinterher. Und die Schwelle der Sportler zum Unrechtsbewußtsein beziehungsweise zum Betrug sinkt." Sein persönliches Doping sei im übrigen bis heute nicht nachweisbar - die hübschen Frauen auf der Zuschauertribüne. Das wohl verrückteste Doping kam bei den olympischen Spielen in Montreal als so genanntes "technisches Doping" zum Einsatz. Schwimmern wurde Helium in den Allerwertesten geblasen. Dadurch lag ihr Körper höher im Wasser, was Zeitgewinn bedeutete. Was in der Erprobung im Heimatland wohl noch Ergebnisse zeigte, erwies sich im Wettkampf doch als "laues Lüftchen". Denn die Sportler hatten von der Präparierung bis zum Startblock eine lange Strecke zurückzulegen. Auf dem Weg verflüchtigtes sich auch dieses Gas weitgehend.
Um seine Fitness trotz des Sitzungsmarathons eines Abgeordneten nicht zu verlieren, geht Eberhard Gienger kürzere Strecken zu Fuß oder schwingt sich aufs Kickboard. Er spielt in der Fußballmannschaft des Bundestages und turnt gelegentlich mit einer Gruppe in Berlin. Darauf, wieviele punktgenaue Landungen dem politischen Quereinsteiger außerhalb des Sports gelingen, darf man gespannt sein. Für Überraschungen ist Gienger aber immer gut. So wie 1999, als öffentlich wurde, daß er 1975 am Rande der Kunstturn-Europameisterschaften in der Schweiz seinem schärfsten Konkurrenten, dem DDR-Meister Wolfgang Thüne, zur Flucht in den Westen verhalf. Er tarnte ihn als Partner seiner heutigen Frau auf dem Rücksitz seines Autos.
Daß die Politik nicht trennt, was der Sport verbindet, zeigte sich an diesem Abend. Trotz einiger kritischer Anmerkungen Eberhard Giengers - die Haushaltswoche im Bundestag bot genügend Anlaß - in die andere politische Richtung, trat Dr. Jürgen Linde - einst Kanzleichef unter dem damaligen Ministerpräsidenten Stolpe - dem OV bei. Gespannt darf man auf die nächste Begegnung zwischen Eberhard Gienger und dem ATB sein - er hat versprochen, auf dem ATB-Kommers bei DTB-Fest 2005 die Festrede zu halten.
Herbstwanderung von "Hauptstadt zu Hauptstadt" am 24. Oktober 2004
Von „Hauptstadt zu Hauptstadt", der Weg war das Ziel auf der schon traditionellen Herbstwanderung des Ortsverbandes Berlin. Dafür hatten wir uns mit dem 24. Oktober den letzten sonnig-warmen und prachtvollen Sonntag im Jahr ausgewählt. Daß sich die Gruppe durch kurzfristige Absagen noch auf acht reduzierte, kann also nicht am Wetter gelegen haben. Doch während wir bei der Vorbereitung „selbstverständlich“ das schöne Wetter eingeplant hatten, wurden andere davon überrascht - der Samstag war auch wirklich ungemütlich gewesen. Uns bescherte dies wiederum eine unerwartete „Erlebnis-Gastronomie“. Aber der Reihe nach:
Vom S-Bahnhof Wannsee - seit Generationen Startpunkt der Berliner ins Grüne und aufs Wasser - ging es in Richtung Stölpchensee. Wir passierten entlang des Kleinen Wannsees das Gebäude des Nationalen Olympischen Komitees - ein eher nüchterner und zweckdienlicher Bau. Da bewies das Haus des Berliner Fußballverbandes schon eher, daß wir hier in der Gegend mit den schönsten Villen Berlins waren. Eine historische Reminiszenz bot das Wohnhaus von Berlins berühmtestem Droschkenkutscher, der ob seiner Disziplin und Pünktlichkeit von seinen Kollegen den Spitznamen "Eiserner Gustav" verpaßt bekam. Als Fuhrunternehmer brachte er es in Berlin zu gewissem Wohlstand und Bekanntheitsgrat; durch eine Fahrt mit seiner Pferdekutsche von Berlin nach Paris und zurück 1928 wurde er berühmt. Natürlich fiel uns allen als erstes der Film mit Heinz Rühmann von 1958 ein.
Etwas früher als geplant, erreichten wir dann das Conorde Hotel Forsthaus das mit einer Photoparade auf seine illustren Gäste aufmerksam machte. Ob auch wir ein Photo an der „Gedenktafel“ bekommen, muß offen bleiben. Gedenken wird die Bedienung diesen Tag wohl noch länger. Kurz entschlossen verlagerten wir unser Mittagessen von innen nach draußen - nicht nur das Wetter, sondern auch der von herbstlichen Bäumen gesäumte Kanal mit seinen vorbeifahrenden Schiffen lud förmlich dazu ein. Schon gut mit Speis und Trank versorgt,
konnten wir beobachten, wie sich um uns herum immer mehr Gäste sammelten. Viele gingen wieder unversorgterweise, denn das Personal war dem Ansturm nicht mehr gewachsen. Das Restaurant hatte eben nicht mit dem schönen Wetter gerechnet und nur eine reduzierte Bedienung. Doch zumindest unser jüngster zweijähriger Wanderer „kümmerte“ sich um die Gäste. Die wollten ihn auch gar nicht mehr weglassen.
Doch auf uns wartete noch ein Stück Weg. Getreu unserem Motto „Von Hauptstadt zu Hauptstadt“ sagten wir Berlin ade und widmeten uns Potsdam. Auch die Reste der MAUER sahen uns vereint, denn landsmannschaftlich waren wir von Aachen bis Dresden vertreten.
Es ging es entlang des malerischen Griebnitzsees zum Schloß Babelsberg. Die Vielfalt der Villen war überwältigend, der Strom an Menschen ebenso. Das sanierte Schloß Babelsberg mit seinem schönen Park ist leider gastronomisch etwas unterversorgt. Schon von weitem sah man ratlose Gäste am Cafe vor Ort. Draußen war alles überfüllt. Unser Vorsitzender Dr. Krämer ließ sich davon nicht entmutigen, er kam, sah und überzeugte die Bedienung, uns drinnen sitzen zu lassen. Hier war es leer, denn anderen Gästen wurde bedeutet, daß drinnen nicht mehr bedient würde, „wir schaffen es nicht mehr.“ Die einzige Bedingung - unsere Bestellung selber aufzunehmen - war schnell erfüllt. Jetzt hatten wir die Gelegenheit, diesmal nicht enttäuschten Gästen zuschauen zu dürfen, sondern leicht verzweifelten Bedienungen. Doch sie schlugen sich gut. Für uns war dies der Ausklang eines schönen und gelungenen Tages.
Ausflug zum Brauhaus Meierei/Schloß Cecilienhof Potsdam am 16. Mai 2004
„Weltkulturerbe“ in seinen unterschiedlichen Formen - dies war unser nächster Themenschwerpunkt im Ortsverband Berlin. Ein Ausflug zu ausgewählten Stätten im Neuen Garten von Potsdam an einem schönen Sonn(en)tag im Mai stand auf dem Programm.
Zur Einstimmung genoß die 15köpfige Gruppe per Schiff die landschaftliche Schönheit des Wannsees. Kulturell wurde nach der Überfahrt mit einer Führung durch die Brauerei Meierei begonnen, um dem alten Kulturerbe der Bierherstellung unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Direkt am Jungfernsee, mit herrlichem Blick aus originalgetreu-rekonstruierten gotischen Fenstern auf Königswald und Glienicker Volkspark, liegt die Meierei im preußisch-ländlichen Wirtshausstil.
In dem im Jahre 1790 errichteten Gebäude wurde ursprünglich die Milch von im Neuen Garten weidenden Kühen zu Butter und Käse verarbeitet. Die Meierei war 1790-1792 unter Friedrich Wilhelm II. von Andreas Ludwig Krüger, nach Angaben von Carl Gotthard Langhans, errichtet worden. Neben dem Kuhstall und der Meierwohnung befand sich in der Meierei ein tapeziertes und furniertes Kabinett, in dem der König Milch aus grünen Gläsern trank.
Schon um 1800 bekamen auch die Parkbesucher Milch und Kaffee angeboten. Der unerlaubte Tabakgenuß und der Ausschank von Branntwein empörten zwar den Hofmarschall, machten die Meierei aber bald zu einem beliebten Ausflugsziel. 1844 erweiterte Ludwig Persius es zu einer burgartigen Anlage, im Jahre 1861 wurde ein Pumpwerk angebaut, das bis heute den Neuen Garten bewässert. Zu DDR-Zeiten zerfiel das im Grenzgebiet stehende Gebäude. Lediglich das Pumpenhaus blieb weiter in Betrieb. Nach über einjähriger Restaurierung wird nun die Tradition der Gästebewirtung fortgeführt.
Direkt neben dem Haupteingang erwartet die Gäste als erstes der Blick auf die glänzenden Sudgefäße aus Kupfer. Auch wenn sie wie eine schöne Dekoration wirken, dienen sie in erster Linie zum Brauen der hauseigenen Biere. Die Produktion direkt im Gasthaus hat den Vorteil, daß immer nur kleine Mengen gebraut werden und das Bier direkt aus dem Tank gezapft wird.
Im Anschluß an die Führung, die Verkostungsprobe und ein Mittagessen bot sich für einen Teil der Gruppe die Gelegenheit, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhobene Schloß Cecilienhof zu besichtigen. Das Schloß wurde als letztes Schloß der Hohenzollern im Stil eines englischen Landhauses erbaut und war 1945 Schauplatz der Potsdamer Konferenz mit den Regierungschefs der drei Siegermächte USA, Sowjetunion und Großbritannien.
Die organisatorische Vorbereitung der Konferenz lag in den Händen der Sowjetunion. Als aufmerksame Gastgeber versuchten die Kommunisten die Arbeitszimmer der Regierungschefs im Stil und der Ausstattung so zu gestalten, daß sie sich heimisch fühlen sollten. Die Vorstellung der Sowjets von englischen Möbeln hatte zur Folge, daß Winston Churchill seinen Schreibtischstuhl höchst unbequem, weil als zu klein empfand. Er saß deshalb meistens auf dem Sofa. Lange mußte er aber nicht leiden, da er durch seine Wahlniederlage in England bald durch Clement Attlee abgelöst wurde.
Der andere Teil der Gruppe besuchte eine Ausstellung anläßlich des 50. Todestages von Cecilie, der letzten deutschen Kronprinzessin. Während ihr Mann 1918 mit ins Exil gegangen war, blieb sie in Deutschland. Nach verschiedenen Stationen wohnte sie bis 1945 wieder in „ihrem“ Schloß und machte es zu einem Treffpunkt für Künstler. Vor der roten Armee geflohen, starb sie 1954 in Stuttgart.
Nachmittags ging es dann wieder über den Wannsee zurück. Das schöne Wetter blieb uns treu, so daß der Tag sowohl für Kulturbefliessene als auch Sonnenhungrige ein voller Erfolg war.
Führung durch das Jakob-Kaiser-Haus am 28. Februar 2004
In Sichtweite des Reichstagsgebäudes, zwischen Pariser Platz und Spree, liegt der größte Parlamentsneubau: das Jakob-Kaiser-Haus. Dort arbeiten mehr als 2.000 Abgeordnete und Mitarbeiter des Deutschen Bundestages. Von der bunten, vielfältigen Architektur mit seinen modernen Kunstwerken, konnten sich 23 Mitglieder und Gäste des Ortsverbandes Berlin Ende Februar unter einer sachkundigen Führung überzeugen.
Im Hintergrund ist noch ein Teil des alten Versorgungstunnels zu sehen, durch den der Brandstifter 1933 in den Reichstag eingedrungen ist, um Feuer zu legen. Heute verbindet dort ein neuer Durchgangstunnel den Reichstag mit dem Jakob-Kaiser Haus.
Mit dem Jakob-Kaiser-Haus entstand mitten im Parlamentsviertel ein Bauwerk, das vorhandene Architektur integriert, frühere Straßenzüge aufgreift und sich so in die Berliner Art des Bauens einpaßt. Trotz Verschiedenartigkeit und Vielschichtigkeit im Äußeren, trotz Vereinzelung und Separierung im Inneren, stellt es eine homogene funktionsfähige Arbeitseinheit dar. Ein Rundgang durch das Haus der acht Häuser vermittelt, daß viele Köche, in diesem Fall fünf Architektenteams, nicht immer den Brei verderben.
Wohl kaum ein Name hätte die Symbolik von Ort, Vergangenheit und Perspektive treffender aufgreifen können als der von Jakob Kaiser. Der Nürnberger Buchbinder war in der Weimarer Republik entschiedener Verfechter des Parlamentarismus, wirkte als Zentrumsabgeordneter im wenige Meter vom heutigen Jakob-Kaiser-Haus entfernten Reichstag. Während der NS-Zeit im christlichen Widerstand engagiert, gründete er 1945 mit Gleichgesinnten die CDU Deutschlands in der sowjetischen Besatzungszone. Also im östlichen Teil der Stadt, auf dem nun das nach ihm benannte Haus entstanden ist. Wegen seines Widerstandes gegen die Gleichschaltung der Gesellschaft warf ihn die sowjetische Militäradministration aus dem Vorsitz der CDU. Aber Kaiser machte weiter: als Abgeordneter des Stadtparlaments mit dem Wiederaufbau der Stadt, als Mitglied des Parlamentarischen Rates mit der Formulierung des Grundgesetzes und als Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen mit dem Wachhalten des Wiedervereinigungsgedankens. Er starb 1961.
Die Berliner Traufhöhe von 22 Metern wurde für das Jakob-Kaiser-Haus nicht überschritten. Dennoch gibt es grandiose Perspektiven. Die Verglasung bringt das parlamentarische Prinzip der Transparenz architektonisch zum Ausdruck. Die bis auf den Boden heruntergezogenen Fensterflächen sorgen für ein außergewöhnliches Ambiente in dem an dieser Ecke untergebrachten Sitzungssaal. Sie geben den Blick frei auf das Reichstagsgebäude und den Tiergarten
Nach über 90 Minuten offizieller Führung durch eine charmante sachverständige Führerin des Bundestages waren viele wohl „auf den Geschmack“ gekommen. So wurde noch ein kurzer Abstecher ins Paul-Löbe-Haus (PLH), dem zweiten Parlamentsbau mit Büroräumen und vor allem Ausschußsälen, organisiert, wo sich der Vorsitzende des Ortsverbandes Dr. Jörg Krämer als sachkundiger Führer präsentierte. Hier machte einmal ausnahmsweise nicht die derzeitige Regierungspolitik schwindelig, sondern die Fahrt in den verglasten Aufzügen und das Überschreiten der hohen und fühlbar schwingenden Hallenbrücken des 200 Meter langen und 100 Meter breiten Gebäudes.
Und weil alle guten Dinge drei sind, statten wir auch noch der Dame unter den Häusern einen Coleurbesuch ab. Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus wurde erst kürzlich dem Bundestag übergeben und ist mit dem PLH durch eine Brücke im sechsten Stock über die Spree verbunden. Hier zieht in den nächsten Wochen nicht nur die drittgrößte Parlamentsbibliothek der Welt ein, sondern hier befindet sich auch eine kleine Sporthalle und ein Fitneßraum - frei nach der Devise: gesunder Geist in gesundem Körper
Als akademische Sportverbindung waren wir also geradezu verpflichtet, hierhin zu pilgern, obwohl das Gebäude offiziell noch nicht für Führungen geöffnet ist und der Sicherungsdienst mit „sehr sparsamen Gesichtsausdruck“, aber ohne Einwände reagierte. Sportliches Fazit: Mit insgesamt fast dreieinhalb Stunden Führung zeigte die Gruppe eine exzellente ATBer-Kondition.